Fernkurs für Literatur »klassikLESEN«

Unter dem Titel »klassikLESEN« spüren wir gemeinsam dem Klassikerbegriff in der Literatur nach.
Was einen Klassiker zum Klassiker macht, welche Rolle Klassiker als Grundlage unzähliger Neuinterpretationen haben und ob Klassikerlisten aufgebrochen und neu bestückt werden sollten, um den Blick auf ein frisches und breiteres Feld an relevanter Literatur zu öffnen, wird neben vielen anderen Aspekten Thema des Kurses sein.

Der Fernkurs umfasst insgesamt drei Module:

Die österreichischen Leseheftautor*innen sind in unterschiedlichen Bereichen des Literaturbetriebs tätig. Zusammen werden sie Ihnen einen vielseitigen Zugang zu Literatur eröffnen und Ihnen spannenden und manchmal auch überraschenden Einblicken in das jeweilige Modul ermöglichen.

Die Überblickshefte Horizonte

Die Überblickshefte Horizonte bieten eine erste Orientierung und bereiten ein literarisches Thema anhand von konkreten Textbeispielen auf. Die Teilnehmer*innen erhalten damit gleichzeitig eine Fülle von Buchtipps für die weitere persönliche Auseinandersetzung.

Die Hefte Lektüre

Im Zentrum der Hefte Lektüre stehen drei literarische Publikationen, deren genaue Lektüre und intensive Auseinandersetzung die Basis für die Beschäftigung mit den Lektüre-Heften bilden. Letztere beinhalten vielfältige Informationen rund um die ausgewählten Bücher, knüpfen an (persönliche) Leseerfahrungen an und laden ein, die erworbenen Wissens-»Horizonte« exemplarisch anzuwenden.

Die Kursmodule

• Modul 1: Was sind Klassiker? Ursprünge entdecken.

Wer legt eigentlich fest, welches Werk zum Klassiker taugt? Und wer bestimmt darüber, was in den Kanon und in Leselisten aufgenommen wird?
Sind es die Verkaufszahlen, die einen Klassiker zum Klassiker machen, oder ist es doch die Werkrelevanz? Müssen sich Klassiker auf höchstem inhaltlichem und sprachlichem Niveau bewegen, oder dürfen auch Werke der Unterhaltungsliteratur Anspruch auf einen Platz im literarischen Olymp erheben? In diesem einführenden Modul beschäftigen wir uns mit der Frage, wann ein Text als »Klassiker« eingestuft werden kann, welche Prozesse, Entscheidungsträger*innen und Auswahlfaktoren dahinter stehen und welche Rolle ein nationaler literarischer Kanon für Kultur und Selbstverständnis spielt.

In diesem einführenden Modul beschäftigen wir uns mit der Frage, (ab) wann ein Text als »Klassiker« eingestuft werden kann, welche Prozesse und Entscheidungsträger:innen dahinter stehen und welche Rolle ein literarischer Kanon spielt.

Leseheft Horizonte: Mag. Dr. Martin Neubauer, Privatdozent (Universität Wien, Institut für Germanistik. Seine Lehre umfasst neben den Spezialgebieten der Literaturtheorie und Literaturgeschichte auch Texte und Medien im Deutschunterricht, Literaturgeschichte der Romantik, des Sturm und Drang oder auch der Weimarer Republik).  

Leseheft Lektüre: Iris Gassenbauer (Germanistin, seit 2023 Leiterin der Literarischen Kurse. Studium der Sprachkunst an der Universität für angewandte Kunst, Fernkurs-Begleiterin der Literarischen Kurse, freie Mitarbeiterin der STUBE – Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur, www.irisgassenbauer.wordpress.com)

 

Fernkurs-Lektüre: »James«
von Percival Everett. Aus dem Englischen von Nikolaus Stingl (Hanser 2024)

Die ganze amerikanische Literatur kommt von einem Buch von Mark Twain, das »Huckleberry Finn« heißt… – so heißt es bei Ernest Hemingway. Und tatsächlich: mit den Abenteuerromanen rund um Huckelberry Finn und Tom Sawyer schrieb sich Mark Twain (1835-1910) nicht nur in ein kollektives US-amerikanisches Selbstverständnis ein; er schuf auch literarische Dauerbrenner, die mit Recht als Klassiker bezeichnet werden können. Percival Everett widmete sich nun diesem beinahe sakrosankten kulturellen Erbe und erzählt die Geschichte aus einem neuen Blickwinkel. Nicht der naseweise Huck Finn ist hier Ich-Erzähler, sondern der versklavte Jim. In Mark Twains 1884 publizierten Roman »Die Abenteuer des Huckleberry Finn« ist Jim dem jungen Huck väterliche Figur und der grausamen Hierarchie der Versklavung untergeordnete Karikatur zugleich. Percival Everett gibt nun Jim eine Stimme und auch seinen eigentlichen Namen zurück. Als James erzählt er die Geschichte wortwörtlich neu: so erfahren wir Lesenden nicht nur von den narrativen Lücken, als Jim in Originaltext abwesend ist, sondern auch von der Motivation, den Ängsten und vor allem den Hoffnungen, die das Handeln des James im irrwitzigen Durcheinander der Zeit bedingen.

• Modul 2: Klassischer klassisch? Andere Stimmen erlesen.

Denken wir an Klassiker, kommen schnell die großen Namen in den Sinn: Goethe! Cervantes! Grass, Eco, Dumas, Hemingway, Tolstoi, Melville! Oder auch noch: Dostojewski, Orwell, Camus und Kafka. In den Klassikerlisten der 100 Besten sind Schriftstellerinnen in der absoluten Minderheit und nach Namen von Autor*innen aus anderen Kulturkreisen als dem westlichen muss mit der Lupe gesucht werden.
Aber woran liegt das? Und wäre es nicht bereichernd, alte Kanon-Strukturen zu lockern und den Blick für Anderes (und ebenso Lesenswertes) zu öffnen? In diesem Modul gehen wir der Frage nach, inwieweit »klassische« Klassiker die Literaturgeschichte geprägt haben und welche Gegenbewegungen, Perspektiven und literarische Werke ebenso in einen gesamtheitlichen Klassiker-Begriff gerechnet werden sollten.

Leseheft Horizonte: Hannah Oppolzer (Germanistin und vergleichende Literaturwissenschaftlerin sowie Schriftstellerin aus Baden bei Wien. Aktuell: Studium Master Literarisches Schreiben und Lektorieren an der Universität Hildesheim sowie Mitglied der IG FEM (Mitarbeit an dem Projekt Feministische Leseliste für mehr Diversität im Lektürekanon im Deutschunterricht) Ihr Debütroman „Verpasst“ erschien 2023 im Braumüller Verlag. https://www.hannah-oppolzer.at)

Leseheft Lektüre: Iris Gassenbauer (siehe oben)

 

Fernkurs-Lektüre: »Medea. Stimmen«
von Christa Wolf, mit einem Kommentar von Sonja Hilzinger (Suhrkamp 2010) [Erstausgabe 1996]

Medea ist ein Ungeheuer. Eine zauberkundige Frau, bereit, als Racheakt gegen die Untreue Jasons zuerst die neue Frau an Jasons Seite und dann die eigenen Kinder zu ermorden. Am Ende steht die Flucht der Unsäglichen auf einem Drachenwagen. So zumindest wird der Medea-Mythos seit Euripides 431 v. Christus tradiert. Aber nicht immer war Medea, Tochter des Königs Aietes von Kolchis, wo das Goldene Vlies gehütet wird, auch die unberechenbare und rachedürstende Hexe späterer Darstellungen. Christa Wolf geht dem Mythos nach und lässt Medea in ihrem 1996 erschienenen Roman selbst zu Wort kommen – und mit ihr noch andere Figuren der bekannten Sage rund um Jason und die Fahrt der Argonauten. Zwischen Medea, Jason, Agameda, aber auch zwischen den Korinthern Akamas, Glauke und Leukon entsteht so eine neue, multiperspektivische Narration, die verschiedene Wahrheiten zulässt und vor allem das Bild der Medea neu erschafft.


• Modul 3:
Märchenhafte Klassiker. Andere Medien erkunden.  

Klassiker sind Kulturprodukte. Als solche stehen sie in einer Tradition von Geschichten, die vor ihnen kamen. Ebenso wirken sie in Geschichten fort, die nach ihnen kommen. So folgen uns gewisse Stoffe und Motive durch die Jahrhunderte hindurch im jeweiligen Filter der Zeit, wobei sie auch mediale Veränderungen und Transformationen mitmachen. Und woran ließe sich das schöner festmachen, als an den ewigen Klassikern, die uns in Form von Märchen, Mythen und Sagen begleiten? Im dritten und letzten Modul blicken wir gemeinsam auf die Ursprünge und die Neuerzählungen und medialen Transformationen klassischer Stoffe.

Leseheft Horizonte: Mag. Dr. Heidi Lexe (Studium der Germanistik und Theaterwissenschaft in Wien. Seit 1992 Mitarbeiterin der STUBE, seit 2007 deren Leiterin, seit 2019 Leiterin der Abteilung Literatur in der Erwachsenenbildung. Herausgeberin des Fernkurs Kinder- und Jugendliteratur der STUBE. Lehrbeauftragte für KJL am Institut für Germanistik der Universität Wien. Redaktionsmitglied und Rezensentin des Österreichischen Fachmagazins 1001 Buch, der bn-bibliotheksnachrichten sowie der Wochenzeitung DIE FURCHE, Mitglied der Deutschen Gesellschaft für Kinder- und Jugendliteraturforschung und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats für das Jahrbuch der Gesellschaft (Open-Access-Periodikum). Mitglied in zahlreichen Jurys, darunter die Jury zum Katholischen Kinder- und Jugendbuch Preis der Deutschen Bischofskonferenz sowie des Österreichischen Kinder- und Jugendbuchpreises

Leseheft Lektüre: Iris Gassenbauer (siehe oben)

 

Fernkurs-Lektüre: »Frankenstein«
von Mary Shelley. Aus dem Englischen von Alexander Pechmann. Mit einem Nachwort von Georg Klein (Penguin Verlag 2021) [anonyme Erstausgabe 1818]

Nein, Frankenstein ist nicht der Name eines stupide durch Nacht und Wind torkelnden Monsters mit grünem Gesicht und bösen Absichten. Und torkeln tut dieses »Monster« schon gar nicht! Vielmehr offenbart sich in der Kreatur, die der namensgebende Schweizer Anhänger der Wissenschaft, Victor Frankenstein, als Erschaffer neuen Lebens in die Welt bringt, die ewige Suche nach Sinn und Existenz. Was sich über die Jahre zu einer Ikone der Horrorkultur entwickelt hat, ist in seinem Ursprung weit entfernt von tierischer Brutalität oder fehlender Selbstreflexion. Frankensteins Geschöpf strebt nach nichts mehr als nach Selbstverortung in einer Welt, in der es fremd ist, und sucht nach dem umfassenden Gefühl, zu lieben und wiedergeliebt zu werden. Ein Klassiker, der auf alten Motiven und auf dem Magischen fußt, das zur Zeit der schwarzen Romantik, als er verfasst wurde, allgegenwärtig war. Mary Shelley hat Frankenstein berühmt gemacht, als sie die Geschichte mit gerade einmal 18 Jahren zu Papier brachte. Dennoch ist das tatsächliche Wissen um diesen höchst spannenden Briefroman in den meisten Fällen einseitig und auf seine zahlreichen Neuinterpretationen und Tradierungen beschränkt. Ein genauer Blick auf diesen Klassiker lohnt sich, denn hier ist weit mehr als Horror und Dunkelheit zu finden.

 

Einen detaillierten Einblick in die Themen und den Zugang des Fernkurses finden Sie in unserem ausführlichen Informationsheft, das Sie kostenlos und unverbindlich demnächst bei uns bestellen (office@literarischekurse.at) oder >>> hier bald als PDF downloaden können.

 

 

 

 

 

 



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