Literarische Kurse
Fernkurs-Praxis
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Fernkurs-Curriculum "einLESEN"

Ein Handwerkszeug fürs Lesen

Anders als Sachtexte fordern literarische Texte die Lesenden auf, selber aktiv zu werden, Leerstellen zu füllen, den Text zu befragen, zu „übersetzen“, ja neu zu erfinden. Für eine solche Lektüre gibt es bewährte Wege und Werkzeuge, die wir im Kurs Schritt für Schritt vorstellen möchten.

Das Kurscurriculum gliedert sich in vier Module, die jeweils ein Horizonte- und ein Lektüre-Heft umfassen:

 

• Modul 1: LESEN

Leseheft Horizonte: Jana Sommeregger (Germanistin, Referentin im Bereich Leseförderung und
Literaturvermittlung, Alumna von Teach for Austria und Lehrerin an einer NMS in Wien)

Leseheft Lektüre: Victoria Bauernberger (Germanistin und Politikwissenschafterin, BHS-Lehrerin,
freiberufliche Lektorin, Fernkursbegleiterin) und Michaela Hirsch (Germanistin und Hispanistin, Kulturmanagerin, BHS-Lehrerin, Fernkursbegleiterin)

Lektüre-Text: Die Sehnsucht des Vorlesers von Jean-Paul Didierlaurent (Aus dem Französ. v. Sonja Finck, dtv 2015)

Innerhalb der >>> Fernkurs-Buch-Aktion erhalten alle Fernkursteilnehmer_innen, die eine_n neue_n Teilnehmer_in für den Fernkurs anwerben, zu Kursbeginn dieses Buch als Buchgeschenk (per Postversand).

Zu Beginn des Fernkurses soll das Lesen als Kulturtechnik im Zentrum stehen. Darüber, dass es sich bei dem Akt des Lesens um keinen passiven Rezeptionsvorgang, sondern vielmehr um einen aktiven Prozess der Bedeutungskonstruktion handelt, ist man sich selbst auf interdisziplinärer Ebene einig. Nicht nur unsere Lesemotivation, sondern auch unsere Lesarten desselben Textes hängen davon ab, mit welcher (Lese-)Biografie und mit welchen Vor(ein)stellungen wir an diesen Text herantreten: In welchen Situationen und zu welchen Zwecken lesen wir einen Text? Und auf welche unterschiedlichen Medienkompetenzen können bzw. müssen wir dabei zurückgreifen?

In der Lektüre literarischer Texte sind individuelle Fähigkeiten genauso von Bedeutung wie unsere persönlichen Erfahrungswerte. Welche Lernphasen und Kompetenzstufen wir dabei durchlaufen, wie wir unsere (verbalen, schriftsprachlichen, visuellen, filmischen etc.) Literacy-Fähigkeiten entwickeln und
wie sich diese im Digital- und Social-Media-Zeitalter gewandelt haben, untersuchen die Lesesozialisations- und Lesekompetenzforschung.

 

• Modul 2: ERZÄHLEN

Leseheft Horizonte: Brigitte Schwens-Harrant (Feuilletonchefin der österreichischen Wochenzeitung
DIE FURCHE, Literaturkritikerin, Autorin, Lehrbeauftragte an den Universitäten
Innsbruck und Salzburg, 2015 Österr. Staatspreis für Literaturkritik, www.furche.at)

Leseheft Lektüre: Iris Gassenbauer (Germanistin, Studium der Sprachkunst an der Universität für
angewandte Kunst, freie Mitarbeiterin der STUBE – Studien- und Beratungsstelle für Kinder- und Jugendliteratur, www.irisgassenbauer.wordpress.com)

Lektüre-Text: Die Bücherdiebin von Markus Zusak (Aus dem Engl. v. Alexandra Ernst, cbj 2015, Taschenbuchausgabe bei Random House)

Das dritte Fernkursmodul geht auf jenes „Handwerkszeug“ ein, das Schreibenden und Sprechenden beim Erzählen von Geschichten zur Verfügung steht. Wir alle erzählen jeden Tag Geschichten, immer und überall, unendlich viele davon. Manche gehen sogar so weit zu behaupten, wir können unsere (außersprachliche) Welt nur erzählend (also sprachlich) begreifen. Mündliche Erzählformen präg(t)en alle Kulturen unserer Welt. Storytelling dient sowohl dem kommunikativen Austausch und dem Tradieren von Wissen und Werten, als auch der Sprachkunst selbst.

Wie aber entsteht eine Geschichte? Worin unterscheidet sich Erzählen im Alltag von literarischem
Erzählen? Wie können ausgewählte Aspekte der Erzähltheorie (wie die Darstellung von Zeit, Raum oder Erzählperspektive) für die Interpretation von einzelnen Texten und Lesarten fruchtbar gemacht werden? Und was ist unter „Erzählung“ im (gesellschafts-)politischen Sinne zu verstehen? Diese und viele weitere Fragen, sollen im Fernkurs thematisiert werden.

 

• Modul 3: FORMEN

Leseheft Horizonte: Alexandra Hofer (wissenschaftliche und administrative Mitarbeiterin bei den Literarischen Kursen, Literaturwissenschaftlerin und Theologin)

Leseheft Lektüre: Martina Lainer (Germanistin, Religionspädagogin und Krankenhausseelsorgerin,
freiberufliche Literaturvermittlerin, Fernkursbegleiterin.)

Lektüre-Text: Königin der Berge von Daniel Wisser (Jung und Jung 2018)

Das zweite Modul des Fernkurses sensibilisiert die Teilnehmenden für die dem Text eigenen formalen Merkmale und rezeptionsästhetischen Aspekte unterschiedlicher Textformen und Gattungen. Abseits des Gattungstrias von Epik, Lyrik und Dramatik sollen auch genreübergreifende Erzählformen und hybride Gattungen, wie lyrische Prosa oder szenisches Erzählen im Roman, in den Fokus rücken. Bereits in der Antike beschrieben Platon und Aristoteles in ihren Schriften zwei grundlegende Modi der Darstellung: Diegese und Mimesis. In diesem Sinne spricht die moderne Literaturwissenschaft auch von telling und showing.

Im Fernkurs sollen vor allem die Verschränkungen von narrativem und zeigendem Modus berücksichtigt und den unterschiedlichen Formensprachen der jeweiligen Textbeispiele nachgegangen werden: Was unterscheidet lyrische Texte von Prosatexten? Muss ein Roman immer in epischer Form verfasst sein? Welche theatralen bzw. dramatischen Aspekte finden sich in Texten wieder? Gattungen und Genres werden dabei nicht als fixe, starre Kategorien begriffen, sondern als vielseitige Möglichkeiten des Erzählens, die – sowohl in Bezug auf ihre textinternen Eigenschaften als auch auf die ihnen von den Leser_innen entgegengebrachten Erwartungshaltungen – einem stetigen Wandel unterworfen sind.

 

• Modul 4: ZUGÄNGE

Leseheft Horizonte: Daniela A. Frickel (Akademische Oberrätin am Institut für deutsche Sprache
und Literatur II der Universität Köln; Literaturwissenschafterin, www.uni-koeln.de)

Leseheft Lektüre: Lena Brandauer (Germanistin, Mitarbeiterin des Literarischen Quartiers der Alten Schmiede Wien)

Lektüre-Text: Vater unser von Angela Lehner (Hanser Berlin 2019)

Kann ich bzw. muss ich einen Text „verstehen“? Gibt es „richtige“ und „falsche“ Lesarten? Welchen Mehrwert hat eine nur am Text selbst orientierte Herangehensweise an Literatur? Mit welchen Methoden kann man sich aus literaturwissenschaftlicher Perspektive einem Text nähern? Mit welcher „Brille“ lese ich literarische Texte?

Die Literaturwissenschaft hat verschiedene Texterschließungsmethoden entwickelt, die aus unterschiedlichen Perspektiven an einen Text herangehen. Während textorientierte Verfahren den Fokus auf textimmanente Aspekte richten, orientieren sich rezeptionsästhetische Analysen an dem Lektüreprozess und der Wahrnehmung der Leser_innen. Dagegen gehen kontextorientierte Zugänge über den (gelesenen) Text als solchen hinaus und beziehen historische, kulturelle und gesellschaftspolitische Aspekte mit ein. Im abschließenden Kursmodul sollen unterschiedliche interpretatorische Zugänge eröffnet werden, die der Bedeutungsvielfalt literarischer Texte Rechnung tragen.